…AUF DER FUCKUP-NIGHT SPRECHEN

[vc_row][vc_column][section_header use_decoration=“1″ layout_type=“section-heading-thick-border“ separator_position=“left“ main_heading=“…AUF DER FUCKUP-NIGHT SPRECHEN“ text_align=“left“ color=“#000000″ separator_color=“#000000″][vc_column_text]Aller Anfang ist schwer. Das Ende aber manchmal auch. Vor allem, wenn der Teil zwischen Anfang und Ende mit Hindernissen gespickt ist, die zwangsläufig zum Ende führen. Nur weiß man das am Anfang eben noch nicht. Diesen Vorgang nennt man dann wohl Lernen. Und genau darum geht’s bei den FuckUp Nights – um Geschäftsmodelle, die nicht funktioniert haben, um das Scheitern und wieder Aufstehen. Um das Lernen aus diesen Prozessen. Und ums Teilen seiner Geschichte. Das durfte ich bei der dritten Ausgabe der FuckUp Night. Und das war so:

2 Wochen vorher. Ich stehe gerade mitten in der Hamburger Innenstadt, auf der Suche nach einem Wintermantel (den ich dann doch nicht gefunden habe), als mein Telefon klingelt. Dran ist die liebe Dörte von Nexster: Ob ich die FuckUp Night kennen würde. Ja und find ich super. Ob ich mir vorstellen könnte, dort etwas über die Galerie zu erzählen. Die Organisatoren Anna Gubanova und Gabriel Gelman haben immer Probleme, Frauen zu finden, die etwas über ihre gescheiterte Geschäftsidee erzählen möchten. Wann denn? Am 17. November. Oh. Das ist ja schon…bald. In zwei Wochen. Ja. Oh… Kann ich da bis morgen drüber nachdenken? Klar. Ok, super. Bis morgen!

Oh ha. Ich fühle mich geehrt, bin aber auch unsicher. Was hab ich denn schon groß zu erzählen? Und: Will ich das? Ist ja nun nicht so, dass man eine Geschäftsidee aufgibt, weil das so lustig ist. Über ein Jahr ist es jetzt her, seit ich die Galerie geschlossen habe und ich denke immer noch mit Wehmut daran. Also: Will ich das? Hm. Andererseits rege ich mich auch oft darüber auf, dass man als Selbstständiger immer und unter allen Umständen so tun soll, als ob alles tutti ist. Wer hat diese beknackte Regel erfunden? Führt meiner Meinung nach zu nix. Das wäre eine Gelegenheit, diese Auffassung nach Außen zu tragen. Hm…

Nächster Tag. Ich rufe Dörte an. Sage zu. Sie freut sich. Anna werde sich bei mir melden und mir erklären, wie das abläuft. 10 Folien á 40 Sekunden. Was du auf den Folien zeigst, ist dir frei überlassen. Schluck. Mal was erzählen, ok, aber dann auch noch unter Zeitdruck? Na gut. Drops ist gelutscht. Ich hab zugesagt und fertig.

In den nächsten zwei Wochen. Irgendwie schaffe ich es, die Präsentation doch auf den letzten Drücker zu machen und nicht, wie geplant, schon eine Woche vorher fertig zu haben. Also im Kopf ja. Aber das hilft Anna ja wenig. Die hätte die gerne schon ein bisschen im Voraus. Verständlicherweise. Kriege ich auch hin. Was besser läuft, ist das Foto von mir zu schicken und einen kleinen Text.

Eine Galerie für junge Kunst in Hannover? Warum ein gutes Konzept keinen schlechten Standort ausgleichen kann und warum man auf seinen Bauch hören sollte. Vom Scheitern, sich Sammeln und Weitermachen.

Der bekommt auf Facebook relativ viele Likes, was mich verwirrt. Und unter Druck setzt. Jetzt noch absagen wäre ja total daneben. Macht man nicht.

Ein Tag vorher. Ich mache mir Gedanken, was ich morgen sage. Dabei fallen mir immer wieder neue Sachen ein, die ich als wichtig empfinde. Mist. Das sollte ich spontan entscheiden. Machts nicht besser.

Einige Stunden vorher. Ich sitze vorm Bildschirm, starre auf meine Präsentation. Plötzlich bin ich gar nicht mehr so sicher, ob ich das kann. Klar, ich erzähle jedem, der es wissen will, von der Galerie, was schiefgelaufen ist und wie ich mich hinterher gefühlt habe. Dass ich ziemlich genau ein Jahr gebraucht habe, um das zu verarbeiten, mich zu sammeln und zu erkennen, was ich will, wohin der Weg gehen könnte. Aber vor 200 Leuten? Am Ende fang ich da noch an zu heulen. Das wäre äußerst unangenehm. Oder: Ich kippe um. Bin zwar erst einmal, aber könnte ja sein, dass es dann zum zweiten Mal passiert. Gut. Wahrscheinlich eher nicht. Wahrscheinlich werd ich auch nicht heulen. Das mache ich nämlich gerade schon. Scheiße. Scheiß Galerie. Scheiß Scheitern. Würde nun doch lieber vom Erfolg erzählen können. Ich sag das ab. Nee, doch nicht. Jetzt reiß dich mal zusammen. Die Pups-Galerie hat sowieso nie einer gesehen. Aber ich will nicht. Hast aber zugesagt. Mist.

Zwei Stunden vorher. Scheiß drauf, ich fahr jetzt hin – schreibe ich meinem Freund, dem ich vorher gesagt habe, dass ich nicht hinfahre und er nicht zu kommen braucht. Ich Blödmann. Jetzt muss ich alleine hin. Vielleicht auch besser. Nervös bin ich unerträglich. Also los. Ich schlage Zeit tot im Edeka. Was es von Lindt alles gibt. Guck mal an. Könnte man alles mal ausprobieren…

Halbe Stunde vorher. Im Bredero Hochhaus angekommen. Nervösität ist jetzt ok. Ich treffe Menschen. Anna, Dörte. Freunde, Bekannte. Alles klar. Das könnte doch was werden. Zum Glück bin ich die Zweite. Direkt nach dem Auftritt von Peter Leppelt, Geschäftsführer der praemandatum GmbH.

10 Minuten vorher. Versuche, mich auf den Beitrag von Peter Leppelt zu konzentrieren. Klappt so semi gut.

Einige Sekunden vorher. Anna kündigt mich an. Dass sie sich besonders freue, eine Frau gefunden zu haben. Ich höre meinen Namen. Stehe auf. Gehe auf die Bühne. Hoffentlich merkt niemand, dass meine Beine zittern. Merken bestimmt alle. Der Saal ist voll. Ich denke: Hey, jetzt hast du endlich die Gelegenheit, einem Haufen Menschen zu erzählen, was es heißt, eine Galerie zu eröffnen. Jetzt hast du endlich die Gelegenheit, zu sagen, wieviel Herzblut, Hoffnung und Energie man in so ein Projekt steckt. Und: Jetzt hast du endlich die Gelegenheit, damit abzuschließen. Das ist ein Privileg. Und das ist ziemlich cool.[/vc_column_text][vc_empty_space][vc_masonry_media_grid grid_id=“vc_gid:1451655080463-27f50667-a686-2″ include=“10941,10940,10939″][vc_empty_space][vc_column_text]Dann erzähle ich von der Galerie. Von dem Konzept, das die Bank gut fand, das HannoverImpuls gut fand und mich deshalb als Gewinnerin des Plug&Work Wettbewerbs ernannten, das das Jobcenter gut fand und mir deshalb einen Existensgründungs-Zuschuss zusagten. Und das nicht zuletzt auch Anklang bei den Künstlern fand, denen ich einen Raum geben wollte, ihre Arbeit zu zeigen. Nur dass dieser Raum sehr selten und nur mit großer Anstrengung aufgesucht wurde. Trotz Werbung, Flyer, Artikel in der HAZ, ein Beitrag im NDR und ein Stefan Schostok, der bei der Eröffnung ermutigende Worte sprach, die meine Hoffnung ins Unendliche steigen ließen. Hatte alles nicht gereicht: Hano-wer?? Ja, wer oder was und vor allem wo war dieser Hanomaghof, an dem sich die Galerie befand?
Ich erzähle von der Phase des Zweifelns, in der ich trotzdem weitergemacht habe. Jetzt wird noch nicht aufgegeben, Siemer! Und von der Ära Annemarie, in der ich mich dazu entschloss, die Galerie zu schließen und um das zu kompensieren, einen Blog aufgesetzt habe, den ich seitdem pflege und der mich letztendlich in dem Jahr des Klarkommens begleitet hat und dazu gebracht hat, was ich heute mache: Social Media. In Anwendung und in der Dissertation, an der ich arbeite. Und am Ende ist mir aufgefallen: Hey, du bist vielleicht gar nicht gescheitert, du hast eine Menge gewonnen (gut, ein bisschen Geld verloren, aber was sind schon Zahlen…): Du hast viele tolle Menschen kennengelernt, du hast deine eigenen Grenzen kennengelernt und weißt, was du leisten kannst, du hast eine Menge Spaß gehabt – und du hast gemerkt, wie gut es tut, Menschen um dich herum zu haben, die für dich da sind, wenn’s gerade nicht rund läuft.

Deshalb möchte ich an dieser Stelle, das nachholen, was ich an dem Abend und auch in dem Jahr nach der Galerie verpasst habe: Ich möchte all den Menschen danken, die da waren. Die mich aufgefangen haben und mich ermutigt haben. Danke.

So, noch ein Satz, dann ist auch wirklich gut: Ich glaube nicht ans Scheitern. Ich glaube an Erfahrungen durchs Ausprobieren. Und je mehr Erfahrungen man macht, desto reicher wird das Leben. Am Ende formen diese Erfahrungen dich zu dem, was du bist. Und anstatt sich zu fragen, was man alles falsch gemacht hat, sollte man stolz sein, dass man den Mut hatte, etwas auszuprobieren.

Fotos: Nina Weymann[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]

About the author

Medienwissenschaftlerin, Beraterin für Online Kommunikation und Bloggerin mit Leidenschaft für's Backen, Laufen und David Bowie. Als Doktorandin an der HBK Braunschweig forsche ich zum Phänomen "Partizipation im Social Web" und der Frage, wie Unternehmen Online Kommunikation sinnvoll gestalten können. P.S.: Norddeutscher Humor gibt's on Top. Bis bald!

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